Aichach-KlingenHeitere Neuinszenierung beim Pegasus-Theater
Aichacher Nachrichten, 23. 4. 2010 von Gerald Deckart

Für seine diesjährige Inszenierung hat das Pegasus-Theater nach längerer Zeit wieder einmal eine Komödie von Johann Nestroy (1801-1862) ausgewählt. „Wohnung zu vermieten“ zählt zu den wenig gespielten Stücken des äußerst produktiven Wiener Autoren und Schauspielers. Premiere ist am 1. Mai in der Stadthalle Schrobenhausen. Wir haben uns aus diesem Anlass mit Prof. Meinrad Schmitt, dem künstlerischen Leiter, Regisseur und Komponisten der bekannten Laien-Bühne unterhalten.

Am 1. Mai ist wieder einmal Pegasus-Premiere. Das neue Stück trägt den etwas seltsamen Titel „Wohnung zu vermieten“. Handelt es etwa von den zeitlosen Problemen zwischen Mietern und Vermietern?

Schmitt: Vordergründig ja. Aber Johann Nestroy hat dieses Spiel um Wohnungsangebot und -nachfrage vor allem als Aufhänger benutzt, um seine eigentliche Geschichte zu erzählen.

Und die wäre?

Schmitt: Im Kern geht es hier um die Irrungen und Wirrungen von vier jungen Leuten. Bei ihnen führt die Besichtigungstour durch die Wohnungen schließlich dazu, dass sich endlich die jeweils „Richtigen“ zu Paaren finden.

Ein klassisches Komödienthema also?

Schmitt: Ja, aber hier dargeboten als differenziertes Kammerspiel, mit agierenden Personen, die sich der Tragweite ihres Verhaltens zunächst gar nicht bewusst sind. Kaum ist der Verlobungskontrakt geschlossen, wirft die Braut ihr Auge bereits auf einen anderen. Auch ihr Bräutigam ist sich seiner Sache eigentlich gar nicht sicher und nur zu leicht zu verführen. Bis sich das dann alles „zurechtgeschüttelt“ hat, bietet das Stück noch eine Vielzahl komischer, turbulenter aber auch heiter-hintergründiger Szenen.

Besonderes Merkmal von Pegasus-Inszenierungen war immer auch die Beteiligung von Kindern. Sind die auch diesmal dabei?

Schmitt: Natürlich. Die eine wohnungssuchende Familie hat gar deren sieben. Dass einige davon nicht gerade gut erzogen sind, sorgt für weiteren Trubel.

Weitum bekannt ist das Pegasus-Theater ja auch für seine von Ihnen komponierte und von Musikern „live“ gespielte Musik. Auf was für Klänge muss sich der Besucher diesmal einstellen?

Schmitt: Musik ist bei Pegasus ein integrierender Bestandteil – diesmal ist sie stilistisch natürlich in die Zeit der Romantik eingepasst. Da ziehe ich als Komponist gewissermaßen auch ein Kostüm an und komponiere zeitgerecht.

Sie treffen auch jeweils die Auswahl der Stücke – eine sicher nicht immer leichte Aufgabe. Nach welchen Kriterien gehen Sie da vor?

Schmitt: Nun, in den mittlerweile 27 Jahren Pegasus-Theater ist natürlich ein gewisser Pool an Stücken zusammengekommen, aus dem ich schöpfen kann. Vorrangiges Kriterium ist stets, dass das Stück von einem Amateur-Ensemble zu bewältigen ist und dass ich die Rollen auch angemessen besetzen kann. Das Werk selbst muss natürlich eine gewisse Qualität besitzen und es soll keines sein, das gerade überall gespielt wird.

Gibt es weitere Auswahlkriterien?

Schmitt: Ja. Wir verstehen uns als Familien-Theater in doppeltem Sinn. Einerseits sollen Familien ohne Bedenken auch mit kleineren Kindern unsere Vorstellungen besuchen können – Sex and Crime finden nicht statt -, andererseits sollen auf der Bühne alle Altersstufen repräsentiert sein, was ja auch bei „Wohnung zu vermieten“ wieder der Fall ist.

Pegasus ist sicherlich kein Theater, das auf Biegen und Brechen eine „Botschaft rüberbringen“ will. Was möchten Sie dem Zuschauer mit den Inszenierungen des Pegasus-Theaters bieten?

Schmitt: Zuallererst möchte ich mit einer runden Inszenierung in einem qualitätvollen Bühnenbild mit stimmigen Kostümen und engagierten Spielern gute, solide Unterhaltung bieten. Und auf einer zweiten Ebene möchte ich zeigen, dass man mit jungen Menschen, wenn sie Freude an einer Sache haben, wunderbar Theater machen kann. Auch diesmal sind wieder etliche Neulinge dabei, die sich harmonisch ins Ensemble einfügen. Vielleicht macht auch dieses Stück wieder einigen Zuschauern Lust, sich selbst einmal auf die Bühne zu stellen. Sie sind herzlich eingeladen. Im Spätsommer wird dazu wieder ein Casting stattfinden, über das wir rechtzeitig informieren werden.

Aichacher Nachrichten, 4. Mai 2009 von Christian Grimm

Schrobenhausen –
Mit einer Zauberkomödie aus der Zeit des Wiener Volkstheaters will das Pegasus-Theater diesmal das Publikum verwöhnen. „Der Diamant des Geisterkönigs“ von Ferdinand Raimund feiert bereits am Samstag, 9. Mai, in der Stadthalle Schrobenhausen, Premiere. Danach folgen zehn weitere Aufführungen, allesamt im Mai. Christian Grimm sprach mit Prof. Meinrad Schmitt, Leiter des Pegasus-Theaters.

Die Auswahl der Stücke kann beim Pegasus-Theater als eher exklusiv bezeichnet werden – oftmals historische Stücke, immer mit verstecktem Humor und hintergründigem Witz.
Woher kennen Sie solche Stücke überhaupt?

Schmitt: Ich habe schon in meiner Studentenzeit in München, die ja schon ein paar Wochen her ist, sehr viele Stücke gesehen. Zum anderen habe ich sehr viele Stücke gelesen. Mit meinem Bruder habe ich jahrelang zusammen produziert, da kommt im Laufe der Jahre schon eine gewisse Kenntnis der Bühnenliteratur zusammen.

Dass das Pegasus-Theater einmal einen Dürrenmatt oder einen Frisch spielt, ist schlechthin unvorstellbar?

Schmitt: Das käme darauf an. Ich kann es mir durchaus vorstellen, dass wir einmal den „Biedermann und die Brandstifter“ auf die Bretter stemmen. Wir haben ja auch Tankred Dorst und zeitgenössische Autoren schon gespielt. Aber – wir haben ja den Pegasus als Wappentier, und das geflügelte Pferd beflügelt ja vor allem die Fantasie. Also ich bevorzuge Stücke, wo das Zauberhafte, das Wunderbare und das Märchenhafte hervorglänzt. Und die Vorliebe für solche anregenden Stoffe ist ja uralt und auch heute noch lebendig: Schauen Sie sich die Science-Fiction und Fantasy-Filme an, die in allen Kinos laufen: Das ist das Märchenhafte und Wunderbare pur, auch wenn es mit Aliens und Astronauten gespielt wird. Da gibt es unglaubliche Berührungspunkte zwischen der Zeit von Ferdinand Raimund.

… der von 1790 bis 1836 gelebt hat . . .

Schmitt: . . . und heute.

In der Regiearbeit gelten Sie als ein Perfektionist, der eine Szene auch acht- oder zehnmal wiederholen lässt, bis sie passt. In einem gewissen Widerspruch dazu steht der Umstand, dass Sie immer wieder junge und sehr junge Spieler zum Mitmachen einladen, auch wenn diese Nachwuchskräfte in Sachen Textsicherheit, Mimik und Ausdruck nicht immer überzeugen können. Ist das bewusste Nachwuchsförderung?

Schmitt: Natürlich auch, ganz wesentlich. Ich habe im diesjährigen Stück eine eigene Szene hinzugefügt, um die Spieler im Kindesalter mit ein wenig Text zu versorgen, damit diese nicht nur als Statisten herumstehen. Aber es ist – leider – auch eine Notwendigkeit. Uns brechen immer wieder gute Spieler einfach weg, nicht weil sie keine Lust mehr hätten, sondern meist aus beruflichen Gründen oder einer beruflich bedingten Ortsveränderung. Deshalb veranstalten wir ja auch jährlich ein Casting – das nächste wieder im Juli – um unseren Spielerpool aufzufüllen. Die beste Möglichkeit, sich einmal einem solchen Casting zu nähern, wäre es, sich zum Beispiel die diesjährige Aufführung einfach einmal anzuschauen – und vielleicht so Lust zum Mitmachen zu bekommen.

Aichacher Nachrichten, 5. Mai 2007 von Christian Grimm

Aichach/Schrobenhausen Meinrad Schmitt aus Klingen, Regisseur und künstlerischer Leiter des Pegasus- Theaters Schrobenhausen, war 20 Jahre lang Professor an der Münchner Hochschule für Theater und Musik und kann aus dieser Tätigkeit auf eine reiche Fülle an dramaturgischen Effekten und gestalterischen Tricks zurückgreifen. Am Samstag, 5. Mai, ist Premiere für „Turandot“ in der Stadthalle Schrobenhausen.

Professor Schmitt warum ein Stück über Turandot. Wer ist das überhaupt – Turandot?

Schmitt: Der Stoff gehört sicher zur Weltliteratur. Er ist zeitlos und damit immer aktuell, auch heute. Für jemand, der sich unter Turandot gar nichts vorstellen kann: Die Prinzessin Turandot steht für einen modernen Frauentypus, der vom Partner verlangt, dass er ihr vor allem intellektuell ebenbürtig ist. Das ist in unserem Kulturkreis fast schon selbstverständlich, war es aber früher durchaus nicht.

Turandot ist also eine Frauenfigur, obwohl ihr Name eigentlich an einen Mann denken lässt.

Schmitt: Mag sein. Trotzdem ist es eine Frau, in unserem Stück eine chinesische Prinzessin, die einmal das Gelübde gemacht hat, nur einen Mann zu nehmen, der ihr in einem Rededuell überlegen ist. Schafft er das nicht, verliert er Kopf und Kragen und sein Reich dazu. Zumindest in unserem Stück ist es freilich so, dass diese Turandot keine männermordende Emanze mehr ist, sondern sie ist eigentlich ein Opfer der höfischen Diplomatie.

Was ist jetzt an diesem Stoff bzw. an der Fassung von Wolfgang Hildesheimer, für die Sie sich entschieden haben, was ist da das Aktuelle dran?

Schmitt: Es gibt negativ Aktuelles und positiv Aktuelles. Bleiben wir mal beim Negativen: z.B. Religion als moralisches Alibi für Gewalt und Unterdrückung. Das erleben wir heute doch jedes Mal, wenn wir eine Zeitung aufschlagen. Oder: Eine verlogene Informationspolitik staatlicherseits. Korrupte Staatsdiener und ein Aggressor, der unfähig zu eigenem Denken ist, der ständig also einen Berater braucht. Aber es gibt auch positiv Aktuelles: Wir finden Menschen mit Zivilcourage, die sich nicht vereinnahmen lassen. Und vor allem, das darf nicht fehlen: In dem Stück steckt eine der schönsten Liebesgeschichten der Literatur überhaupt.

Sie denken, wenn Sie solche Figuren beschreiben, doch sicher an bestimmte Personen der Zeitgeschichte: Nennen Sie doch Ross und Reiter!

Schmitt: Also ich möchte eigentlich bloß einen Namen explizit nennen. Es kommt am Schluss ein Aggressor, der das chinesische Reich erobert, der eigentlich nichts anderes kann, als dreinzuschlagen, aber wenn er eine Rede halten soll, dann braucht er jemanden, der für ihn spricht. Da denke ich stark an das heutige Amerika.

Ist das Publikum, das ja in erster Linie Unterhaltung und Entspannung sucht, ist das mit solchen abstrakten Überlegungen und intellektuellen Anforderungen nicht vielleicht ein bisschen überfordert?

Schmitt: Überhaupt nicht. Es ist festzustellen: Das Pegasustheater ist kein elitärer Kreis, sondern ein Volkstheater. Auch wenn es diesen Begriff nicht im Wappen führt. Ich fasse die fast schon entrüstete Bemerkung einer Besucherin „… aber bei euch muss man ja mitdenken!“, durchaus als Kompliment auf. Wenn die sprichwörtlichen Lachsalven oder das masochistische Schenkelklopfen ausbleiben, spricht das weder gegen das Stück noch gegen die Zuschauer.

Wie lassen sich vor allem junge Spieler für so ein Projekt motivieren? Welche Bedeutung hat der Aspekt Jugendarbeit in ihren Projekten?

Schmitt: Jugendliche lassen sich über Jahre hinweg aufbauen und vermitteln so auch eine gewisse Kontinuität. Ich habe sehr positive Erfahrungen gerade mit jungen Leuten gemacht. Und wir sind froh, dass wir jetzt den Anteil der Jugendlichen, die beim Theater mitwirken auch auf den musikalischen Bereich ausdehnen konnten: Wir sind der Musikschule Schrobenhausen sehr zu Dank verpflichtet, die uns für das spezifische Duo der Instrumentation mehrere Schüler geschickt hat. Also große Anerkennung für die Lehrer der Musikschule, die derartig offen und engagiert unser Projekt unterstützt haben!

Aus Ihrem Dank an die Musikschule in Schrobenhausen entnehme ich, dass eben wieder Livemusik – ein typisches Kennzeichen des Pegasustheaters – mit dabei ist. Wie viele machen denn mit?

Schmitt: Es ist ein Duo mit alternierender Besetzung, das heißt es spielen nicht jeden Abend dieselben Musiker. Ein Marimbaphon und Flöte. Wer nicht weiß, was ein Marimbaphon ist: So etwas wie ein großes Xylophon.

Eine abschließende Frage: Was ist es, das für Sie die Attraktivität des Theatermachens ausmacht?

Schmitt: Das Schöpferische. Man schafft sich auf der Bühne eine Art Gegenwelt. Oder auch: Die reale Welt unter dem Mikroskop der Bühne. Nachspüren, was der Einzelne dem Regisseur zu bieten hat.

Ein Regisseur darf doch auch ein bisschen lieber Gott spielen. Ist es das, was Spaß macht?

Schmitt: Ja, aber nicht in der Weise, dass man die Puppen spielen oder zappeln lässt, sondern dass man auch Freiheiten lässt. Nicht Roboter abrichtet, sondern nachspürt, was der Einzelne aufgrund einer gewissen Grundlinie, eines Grundbestandes an Talenten dem Regisseur anzubieten hat.